Montag, 22. Dezember 2008

Liebe Virginia

22. Dezember 2008
Deine Freunde haben nicht Recht

Die achtjährige Virginia aus New York schrieb 1897 an die Zeitung „Sun” einen Brief:

Ich bin acht Jahre alt. Einige von meinen Freunden sagen, es gibt keinen Weihnachtsmann. Papa sagt, was in der “Sun” steht, ist immer wahr. Bitte sagen Sie mir - gibt es einen Weihnachtsmann?
Virginia O’ Hanlon

Dieser Brief war dem Chefredakteur damals so wichtig, dass er seinen besten Kolumnisten mit der Antwort betraute. Diese Antwort erschien nicht nur 1897, sondern Weihnachten für Weihnachten bis zur Einstellung der “Sun” im Jahre 1950. 2008 würde dieser Chefredakteur der kleinen Virginia vielleicht so antworten:

Liebe Virginia,

Deine kleinen Freunde haben nicht recht. Sie glauben nur, was sie in den Gesetzen lesen, sie glauben, dass es nicht geben kann, was nicht in diesen Gesetzen steht. Doch aller Nichtjuristengeist ist klein, ob er nun einem Erwachsenen gehört oder einem Kind. Im Hamburger Landgericht verliert er sich wie ein Insekt. Solch ein Ameisenverstand reicht nicht aus, auch freitags noch jedes Urteil zu verstehen.

Ja, Virginia, es gibt den Weihnachtsmann, in Hamburg ist er sogar Richter geworden. Es gibt ihn so gewiss wie die nicht gefärbten Haare von Altkanzler Schröder und die weiße IM-Weste eines jeden, der seinerzeit auch in der DDR Karriere gemacht hat.

Ohne ihn gäbe es auch einen Glauben an die Gerechtigkeit, aber keine Poesie allerfeinster Entscheidungen, gar nichts, was das Richterleben erst einträglich macht. Ein Flackergeist von früher einmal ausgedachten Gesetzestexten bliebe übrig. Aber das Licht, das die Pressekammer in Hamburg ausstrahlt, müsste verlöschen.

Ist das auch wahr? könntest du fragen und deinen Papa bitten, Leute auszuschicken, um Andreas Buske zu finden. Und keiner bekame ihn von Montag bis Donnerstag zu Gesicht. Was würde das beweisen. Dass es diesen Richter freitags nicht gibt?

Kein Mensch sieht ihn einfach so. Man muss schon seine Meinung äußern. Die allerdings beweist nichts, auch nicht diesem Richter, wenn er auf Mondwiesen tanzt wie es ihm Recht ist. All die Urteile zu denken - geschweige denn zu verstehen - das vermag nicht der Klügste auf der Welt. Trotzdem gibt es sie.

Du kannst ein großes Gesetzbuch aufschlagen und nach dem Sinn suchen, du wirst einige Wörter finden, nichts weiter. Warum? Weil es ein Studium gibt, das sie machen, bevor sie sich Juristen nennen dürfen.

Der Weihnachtsmann lebt und ewig wird er leben. Sogar in zehnmal zehntausend Jahren wird es Richter geben, damit Kinder wie Du froh darüber sein können, dass sie noch zur Schule gehen.

Frohe Weihnachten, liebe Virginia, und mach um den Sievekingplatz in Hamburg einen großen Bogen!

Sonntag, 21. Dezember 2008

Wiefelspütz macht Putz

21. Dezember 2008
SPD-Bundestagsabgeordneter versteht nur Bahnhof

Wie viel Putz will dieser SPD-Bundestagsabordnete und innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion auf Abgeordnetenwatch denn noch machen? Glaubt Dr. Dieter Wiefelspütz, der so aussieht, als seien gleich mehrere Schönheitsoperationen gescheitert, dass auch das „virtuelle Gedächtnis“ der Wählerinnen und Wähler kurz ist?

Oder war der 62-Jährige an diesem Samstag nur so schlecht gelaunt, weil der plötzliche Tod seines Friseurs den dringend erforderlichen Eingriff in die Haarpracht des Richters a. D. verhindert hat?

Wie dem auch sei: Missgelaunt bügelte Wiefelspütz am 20. Dezember 2008 alle an ihn gerichteten Fragen ab. Einen Bürger, der sich kritisch zum Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr geäußert hatte, fragte er: „…haben Sie ein Mandat…?“ „Es reicht“, schrieb dieser SPD-Bundestagsabgeordnete einem Kritiker des BKA-Gesetzes um die Ohren. Denn: „Ich habe zur BKA-Novelle bei abgeordnetenwatch vierhundertsiebenundneunzigmal Stellung genommen.“ Während einige Zeitgenossen Schäfchen zählen, um in den Schlaf zu finden, zählt dieser Politiker seine Antworten, um sich um den Schlaf zu bringen? „Nicht ausreichende Angaben“ warf er einer Frau vor, die sich Sorgen um die Höhe ihrer Rente machte. „Ihre Fragen habe ich bei abgeordnetenwatch bereits hundertfach (oder zweihundertfach?) beantwortet. Lesen Sie bitte die Antworten nach“, kam er der nächsten Fragenden wieder statistisch und teilte dann noch einem ehemaligen Heimkind mit, was er an diesem Sonntag eigentlich allen mitgeteilt hatte: „Ich verstehe nicht, was Sie von mir wollen.“

Wozu - fragt man sich bei der Betrachtung seines Fotos in Kürschners Volkshandbuch Deutscher Bundestag - hat Dieter Wiefelspütz eigentlich derart abstehende Ohren? Wenn er sowieso nichts versteht, kann er sie doch auch am Kopf festkleben.

Der Mann ist übrigens auch noch Brillenträger. Da kann man dem in Lünen noch aktiven Rechtsanwalt eigentlich nur raten: Brille putzen und mit geschärftem Blick in das Grundgesetz schauen. Dort steht nämlich, dass alle Macht vom Volke ausgeht. Dieses Volk hat also nicht nur unzählige Mandate, es verteilt sie sogar noch. Das Portal abgeordnetenwatch will Politik gläsern machen und ein „virtuelles Gedächtnis“ sein. Also gilt nicht nur an diesem 20. Dezember 2008 auch für diesen Juristen die Liedzeile eines anderen Juristen: „Nichts ist vergessen…“

Donnerstag, 18. Dezember 2008

Basta!

18. Dezember 2008
Merkel kümmert sich um alle ohne Kummer

Auch die etwas größere Regierungspartei verschickt newsletter. Heute diesen:

„Die CDU-Vorsitzende, Bundeskanzlerin Angela Merkel, will sich im Superwahljahr 2009 vor allem um die ´aktiven Bevölkerungsschichten´ kümmern, ohne die unsere Gesellschaft nicht funktionieren kann. ´Wer 40 Prozent und mehr der Wählerstimmen erzielen möchte, muss sich an breite Schichten wenden, an Stammwähler und Wechselwähler gleichermaßen´, sagte Merkel dem Magazin ´Cicero´. Wegen der inhaltlichen Übereinstimmungen sprach sich die CDU-Vorsitzende für eine Koalition zwischen Union und FDP nach der Bundestagswahl aus.

Bevor wir ins Superwahljahr 2009 starten, wünscht das Online-Team der CDU-Bundesgeschäftsstelle Ihnen, Ihren Angehörigen und Freunden eine gesegnete Weihnachtszeit und ein gutes neues Jahr.“

Über diese Mitteilung freuen werden sich auf jeden Fall: Kranke, Behinderte, sozial Schwache, also: Alle, die nicht mehr so aktiv sein können wie Angela Merkel. Um die wird sich die Bundeskanzlerin als Chefin einer CDU/CSU/FDP-Koalition immerhin noch nach allem kümmern. Wenn das keine Ansage an alle ist, die im Superwahljahr aktiv genug sein sollten, um ihr Kreuz bei einer anderen Partei zu machen.

Mit der Ankündigung, unzählige Menschen ausgrenzen zu wollen, geht selten eine Partei in die Auseinandersetzung mit anderen Parteien. Das macht man zwar, aber so offen wie Angela Merkel sagt man es eigentlich nicht. Dafür gebührt der Bundeskanzlerin Dank. Dass sie von Übelwollenden falsch zitiert worden sei, kann sie jedenfalls nicht behaupten - es sei denn, sie behauptet das in einigen Wochen über die Bundesgeschäftsstelle ihrer Partei.

Möglich ist aber auch: Die SPD beispielsweise merkt gar nicht mehr, dass sie mit diesem newsletter eine Steilvorlage bekommen hat. Den müsste man im Wahlkampf doch einfach nur plakatieren. Motto: „Versprochen! Merkel kümmert sich um alle ohne Kummer!“

Mittwoch, 17. Dezember 2008

Ruhende Schulpflicht

17. Dezember 2008
Der Junge, der nicht zur (Regel-)Schule darf

Adrian ist vertieft, der Zehnjährige macht Hausaufgaben. Vor ihm auf dem Tisch liegen Arbeitsblätter, ein Deutsch- und ein Mathe-Buch für die vierte Klasse. Zur Schule darf der Junge nicht. Die Schulpflicht ruht. Das soll auch so bleiben, hat das Staatliche Schulamt für den Landkreis Groß-Gerau und den Main-Taunus-Kreis der Anwältin der Familie am 23. Juli 2008 mitgeteilt. Adrian soll eine Heimschule besuchen. Das will er nicht. Das wollen auch seine Mutter (39) und sein Vater (40) nicht. Die Schule in Groß-Gerau, die der Zehnjährige zuletzt besucht hat, und das hessische Kultusministerium reagieren auf Anfragen nicht.

Hallo, Adrian, wie alt bist du?
Adrian: Zehn Jahre.

Und wo gehst du zur Schule?
Adrian: Das Schulamt lässt mich seit eineinhalb Jahren nicht zur Schule gehen.

Die lassen dich nicht zur Schule gehen? Warum das denn nicht?
Adrian: Die Lehrer und das Schulamt wollen nicht, dass ich zur Schule gehe. Sie lassen mich nicht. Meine Eltern haben alles versucht, dass ich wieder in die Schule gehen kann.

Du bist aber doch schon mal zur Schule gegangen? Was ist denn passiert?
Adrian: Die Lehrer in der alten Schule haben mich schlecht behandelt. Sie haben mich vor meiner Mutter und anderen Eltern und Kindern herumgezerrt. Wenn ich von Mitschülern geschlagen worden bin, haben sie gesagt, dass ich mich nicht wehren darf. Ich durfte das auch nicht der Pausenaufsicht melden. Das ist Petzen, haben sie gesagt.

Und wenn du doch den Lehrern erzählt hast, was passiert ist, was geschah dann?
Adrian: Wenn ich gepetzt habe, musste ich zur Strafe in die Pausenhalle. Die Lehrer haben dann immer vor allen Kindern so ein blödes Gedicht aufgesagt.

Was für ein Gedicht?
Adrian: Petze, Petze ging in Laden, wollte Schweizer Käse haben. Schweizer Käse gab es nicht, Petze ärgert sich.

Ist noch mehr passiert?
Adrian: Einmal habe ich beim Fangen spielen ein Mädchen ohne Absicht umgerannt und musste acht Wochen in der Pausenhalle sitzen, wenn alle anderen Kinder Pause hatten und wenn Frühstück war, musste ich auch in die Pausenhalle. Die Lehrerin sagte, wenn ich an der Schule bleibe, muss ich für immer drinnen bleiben.

Wenn ich auf dem Stuhl gesessen habe, hat mir die Mathelehrerin die Beine zusammengedrückt, dass mir die Hoden wehgetan haben. Meine Klassenlehrerin hat das auch immer gemacht.

Ich durfte nicht allein zum Klo, und die Sportlehrerin hat mir über die Schulter geguckt beim Pinkeln. Ich war immer an allem schuld. Ich durfte mich nie verteidigen, auch wenn ich nichts gemacht habe.

Hättest du nicht die Schule wechseln können?
Adrian: Hab ich. Doch meine Schülerakte ist schon drei Wochen, bevor ich in die neue Schule gekommen bin, dort gewesen. Als ich dort zur Schule ging, wurde ich wegen der Schülerakte auch wieder schlecht behandelt. Dabei hat die Rektorin zu meinen Eltern gesagt, dass nicht alles stimmen würde, was in der Akte über mich steht.

Es begann alles wieder von vorne?
Adrian: Ja. Die Sportlehrerin hat mich sogar ungefähr 30 Minuten allein in der Turnhalle eingesperrt und ist weggegangen. Ich habe gerufen und an die Scheiben gehämmert. Alle Ausgänge waren zugestellt. Ich musste warten, bis die Lehrerin die Tür wieder aufgeschlossen hat. Seitdem hatte ich immer Angst, zum Sport zu gehen.

Dann haben mich die Kinder in der Pause unten reingetreten und gehauen. Die Lehrer haben nur geguckt und nichts gemacht. Meine Mutter musste mit mir oft zum Kinderarzt. Ich habe dann morgens immer gebrochen, weil ich Angst hatte, in die Schule zu gehen. Bin aber immer gegangen. Das, was die mit mir gemacht haben, ist Mobbing, sagen meine Eltern.

Wie haben deine Eltern darauf reagiert?
Adrian: Meine Eltern haben sich an eine Gruppe gewendet. Die hat uns schon sehr geholfen und unterstützt. Die haben auch gleich gemerkt, was da los ist.

Und nun darfst du nicht mehr zur Schule. Was machst du denn, während die anderen Kinder in die Schule gehen?
Adrian: Ich lerne zu Hause. Meine Mutter druckt Arbeitsblätter aus dem Internet aus. Die lese ich dann und fülle die aus oder rechne die aus. Sie lernt mit mir jeden Tag. Englisch, Deutsch, Mathe, Sachkunde. Ich muss auch täglich was schreiben auf Englisch und Deutsch.

Meine Eltern haben ein paar Mal versucht, dass die Schule uns Arbeitsblätter gibt. Am Anfang haben wir ein paar Arbeitsblätter bekommen. Jetzt sagen das Schulamt und die Schule, dass das keinen Sinn hat. Sie geben uns keine mehr.

Ich habe sogar ein halbes Jahr eine Hauslehrerin gehabt. Die war nett. Jetzt sagt das Schulamt, sie darf nicht mehr kommen. Ich soll in ein heilpädagogisches Kinderheim.

Meine Eltern haben die Hauslehrerin vor Gericht durchgesetzt. Sonst hätte ich von Anfang an so zu Hause gehockt.

Was wünscht du dir?
Adrian: Ich möchte wieder zur Schule gehen. Nur in das Kinderheim will ich nicht. Meine Eltern wollen das auch nicht. Es will nur das Schulamt in Rüsselsheim.

Freitag, 12. Dezember 2008

Betr. Jugendämter und Merkel

12. Dezember 2008
Flunkert die Bundeskanzlerin?

Einspruch, Frau Bundeskanzlerin! Auf den Internet-Seiten von Angela Merkel hat eine Bundesbürgerin vor knapp einem halben Jahr eine Antwort zu kritischen Anmerkungen über die Arbeit von deutschen Jugendämtern bekommen, die weiterhin falsch ist. Damals schrieb das Bundespresseamt im Auftrag der Regierungschefin: „Zu Diskriminierungen durch Träger der öffentlichen Jugendhilfe kam es dabei nur in einigen wenigen Fällen. Das Bundesfamilienministerium (BMFSFJ) hat sich intensiv mit den Petitionen an den EU-Petitionsausschuss befasst. Die Befürchtung, dass die Petitionen auf ein grundlegendes Problem hindeuten, hat sich erfreulicherweise nicht bestätigt.“

Es geht um: 200 Petitionen. Mit denen hat sich der Ausschuss noch gar nicht abschließend beschäftigt, geht aus einer Mitteilung des Vorsitzenden hervor. Eltern, die sich an das Europäische Parlament gewendet haben, werden immer noch vertröstet. Das wäre sicherlich nicht erforderlich, wenn das Bundesfamilienministerium bereits alle Petitionen intensiv geprüft hätte. Dann hätte Ursula von der Leyen doch sicherlich den laut Bundespresseamt wenigen Familien geholfen, die Opfer von Jugendamts-Willkür geworden sind.

Offenbar übt sich die Bundeskanzlerin in Augenwischerei oder Schlimmerem. Besucht man im Internet die entsprechenden Foren, ahnt man, wie groß das Problem ist. Kommt dann einer auf die Idee, jemanden wie mich als Ansprechpartner öffentlich zu benennen, dann sollte Angela Merkel nur einen Tag in meiner Wohnung Telefondienst machen…

Als Redakteur bin ich durchaus in der Lage, Spinner von Nichtspinnern zu unterscheiden. Versuche ich, Licht ins Dunkel zu bringen, dann setzen Mechanismen ein: Jugendämter setzen die Eltern unter Druck und drohen mit Sorgerechtsentzug, falls der Kontakt zu mir nicht abgebrochen wird. Kommen Eltern auf die Idee, bei Behördengängen Zeugen mitzunehmen, werden die Daumenschrauben angezogen. Gehandelt wird nach folgendem Schema: Haben Eltern eigene Vorstellungen über die Zukunft ihres Kindes, lautet die Jugendamts-Antwort: „Sie sind nicht kooperativ. Und wer nicht kooperativ ist, ist auch nicht erziehungsfähig.“ Resignieren Eltern schließlich, sagt man ihnen: „Haben wir doch gewusst. Sie haben doch gar kein Interesse an Ihrem Kind.“

Familien werden zerstört, während ein paar Häuser weiter Kinder misshandelt werden. Jeder von uns muss nur täglich seine Lokalzeitung aufschlagen. In jeder Ausgabe wird er mehrere Berichte über Kindesmisshandlungen finden. Es ist etwas faul im Staate Deutschland, davor sollte die Bundeskanzlerin nicht länger die Augen verschließen und sich informieren, bevor sie einer besorgten Bundesbürgerin antwortet. Von einer Regierungschefin darf man doch wohl verlangen, dass sie die Realität kennt. Was geschieht, wenn man zu lange in einer virtuellen Welt lebt, beweist die Finanzkrise…

Frau Bundeskanzlerin, vielleicht lesen Sie mal die Geschichte über den Jungen, der nicht zur Schule darf. Ich werde sie demnächst erzählen. Oder die Geschichte über einen Vater, der inzwischen Morddrohungen bekommt, weil er auf Missstände in Behörden und Schulen hinweist. Nur wer die Probleme kennt, kann sie auch lösen. Und: Immer schön bei der Wahrheit bleiben, denn ich kenne keine Familie, die sich per Petition an das Europäische Parlament gewendet und zwischenzeitlich ein Hilfsangebot des Bundesfamilienministerium bekommen hat. Wie intensiv also war die Prüfung der Petitionen verzweifelter Eltern?

Dienstag, 2. Dezember 2008

Jobcenter

2. Dezember 2008
In jeder Pannenstatistik weit vorn

Die Unfähigkeitsbehörde, von manchen noch Jobcenter Wilhelmshaven genannt, dürfte in jeder Pannenstatistik eine Spitzenposition übernehmen: Stellt ein Langzeitarbeitsloser eine nicht ganz alltägliche Frage, bekommt er keine oder eine falsche Auskunft. Wie Jens K., der mit dem Gedanken an einen Umzug in eine Stadt gespielt hat, in der seine Chancen auf einen Arbeitsplatz nach seiner Auffassung größer sind als in Wilhelmshaven. Also sprach er mit seiner Fallberaterin und stellte die Frage in den Raum: „Trägt das Jobcenter die Umzugkosten?“

Diese Frage pflanzte sich fort von Büro zu Büro, wurde gerufen durch geöffnete Türen, die Antwort, die schließlich bei Fallberaterin und Jens K. ankam, lautete: „Keine Ahnung.“ Man könne ja mal die Leistungsabteilung fragen. Aber die sei zurzeit überlastet. Bevor Jens K. wieder nach Hause ging, ließ er eine zweite Frage zurück: „Die im Grundgesetz verbürgte Freizügigkeit gilt aber doch wohl auch für mich?“

Nach diesem Jobcenter-Besuch stöberte Jens K. im Internet herum und las unglaubliche Geschichten. Da berichtete eine Frau, die aufgefordert worden war, sich eine preiswertere Wohnung zu suchen, dass sie keinerlei Unterstützung bekommen hatte. Ein Arbeitsloser, der den Ort wechseln wollte, wurde daran gehindert, indem man ihm den Geldhahn zudrehte. Offensichtlich hatte sich die Situation für Langzeitarbeitslose mit der Einführung von Hartz IV dramatisch verschlechtert, der Willkür der Behörden war Tür und Tor geöffnet. Denn es gab auch Jobcenter, die ihre Einwilligung zu einem Umzug gaben - und schon lief alles reibungslos über die Freizügigigkeits-Bühne.

Entmutigen ließ sich Jens K. jedoch nicht. Er pfiff auf die Umzugskosten, packte seine Siebensachen und ließ sich in einer anderen Stadt nieder. Das Jobcenter informierte er darüber nicht, bekam weiter Hartz IV und fand nach zwei Monaten einen Arbeitsplatz. Fortan konnte er selbst für seinen Unterhalt sorgen.

Für die Unfähigkeitsbehörde, von manchen noch Jobcenter Wilhelmshaven genannt, gibt es auch einen Rückrufdienst, wenn es irgendwo hakt. Der nimmt Beschwerden entgegen und vereinbart einen Termin zur Klärung des Sachverhaltes. So die Theorie. Doch dieser Rückrufdienst der Bundesagentur für Arbeit verzweifelt inzwischen, denn Karl S. ist kein Einzelfall.

Der bekommt immer noch einen Scheck, obwohl er längst wieder über ein Bankkonto verfügt. Außerdem sind ihm seine Leistungen ohne ersichtlichen Grund gekürzt worden. Seit Monaten ist der Rückrufdienst um Klärung bemüht, erzählt der Unfähigkeitsbehörde, von manchen noch Jobcenter Wilhelmshaven genannt, immer wieder diese Geschichte, aber ein Termin für Karl S. ist einfach nicht zu bekommen. Heute ist Karl S. wieder vom Rückrufdienst angerufen worden: „Sie müssen noch Geduld haben.“

Auch den Dezember-Scheck hat er zu seiner Bank gebracht. Wieder muss er ein paar Tage warten, bis er über sein Geld verfügen kann. Mit seiner Bank trifft er sich terminlich inzwischen in der Mitte, die Bankangestellte sagt: „Ach, wieder diese Kollegen…“