Sonntag, 5. September 2010

Das Sofa und der Araber

5. September 2010
Gang zum Fahrradkeller blockiert

Der Gang zum Fahrradkeller ist eng. Steht dort ein Sofa. Rot. Fast so breit wie der Gang. Mein Rad kann ich nicht vorbeischieben. Kommt ein Nachbar. Fragt: "Wissen Sie, was das soll?" Weiß ich nicht. Dafür weiß dieser Nachbar: "Ein Araber hat das Sofa in den Gang geschoben." Interessiert mich nicht. Ist auch kein sachdienlicher Hinweis. Wo auch immer dieser Gangblockierer geboren sein mag, das Sofa steht im Weg. Weil: im Gang.

Ähnlich sachdienlich wie der Hinweis dieses Nachbarn ist derzeit die Diskussion, die Thilo Sarrazin losgetreten hat. Der wollte schließlich auch nur ein Buch verkaufen. Ist gelungen. Doch ihm würde noch mehr gelingen. Behauptet heute die "Bild am Sonntag". Die hat eine Umfrage in Auftrag gegeben. Ergebnis: 18 Prozent würden eine von Sarrazin geführte Partei wählen. Noch erfolgreicher wären eine Merz-Partei (20 Prozent) und eine Gauck-Partei (25 Prozent).

Mit Sarrazin-Büchern, mit Steuererklärungen auf Bierdeckeln und mit Freiheit als Leitstern allein könnte zwar niemand die Bundesrepublik Deutschland regieren  aber mich interessiert etwas anderes: Welche Frage ist bei dieser Umfrage gestellt worden? Verrät "Bild am Sonntag" nicht, die Agenturen, die darüber berichten, auch nicht.

Sind die bereits existierenden Parteien bei dieser Umfrage gar nicht zur Wahl gestellt worden? Oder kommen die zusammen nur noch auf 37 Prozent, wenn Thilo Sarrazin, Friedrich Merz und Joachim Gauck als Spitzenkandidaten neuer Parteien antreten würden?

Heißt das: Dieses Trio könnte die Bundesrepublik Deutschland unregierbar machen? Oder müssten die so genannten etablierten Parteien sich zusammentun und mit Sarrazin, Merz oder Gauck eine Koalition bilden?

Solche Planspiele führen nicht weiter. Wie das rote Sofa im Gang zum Fahrradkeller. Das steht im Weg. Wie Sarrazin der Integrationspolitik. Die vornehmlich in den Städten und Gemeinden gemacht werden muss. Dort können sich Menschen nicht so leicht aus dem Weg gehen. Irgendwann begegnet man sich. Beweist das rote Sofa im Gang zum Fahrradkeller. Wenn besagter Nachbar seine Hilfe angeboten hätte statt sich mit der Herkunft des Gangblockierers zu beschäftigen, wäre der Weg wieder frei. Denn: Nicht so wichtig ist, wo etwas herkommt, wichtiger ist, wo es hin soll.

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