Mittwoch, 29. Dezember 2010

Der RWE-Chef

29. Dezember 2010
Ist Dinosaurier des Jahres

Berlin - Der NABU hat RWE-Chef Jürgen Großmann mit dem „Dinosaurier 2010“ - Deutschlands peinlichstem Umweltpreis - ausgezeichnet. Der Vorstandsvorsitzende des Essener Stromkonzerns erhält die Trophäe für die Aufkündigung des Atomkonsenses in Deutschland.

„Mit seiner hemmungslosen und provozierenden Beeinflussung der Bundesregierung für die Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke, die im Spätsommer in einer von ihm initiierten Anzeigenkampagne gipfelte, hat sich Herr Großmann den Preis in diesem Jahr redlich verdient“, sagte NABU-Präsident Olaf Tschimpke. Jürgen Großmann stehe damit in direkter Tradition des ehemaligen RWE-Bosses Harry Roels, der bereits 2006 für den Antrag auf Laufzeitverlängerung für den Schrott-Reaktor Biblis A mit dem Dino ausgezeichnet worden ist.

„Die RWE-Spitze hat nichts dazu gelernt. Aus reinem Machtkalkül und Profitstreben wird an einer Risikotechnologie festgehalten und gleichzeitig der notwendige Aus- und Umbau einer umweltfreundlichen Energieversorgung in Deutschland ausgebremst“, so Tschimpke. Das Kerngeschäft von RWE sei die Energieerzeugung mit Risiko- und klimaschädlicher Technologie: Atomkraft und Kohle.

Der Anteil von Strom aus erneuerbaren Energien in der RWE-Angebotspalette liegt laut NABU bei drei Prozent, wobei ein Großteil von alten Wasserkraftanlagen bereitgestellt werde. Vor allem profitiere der Konzern von der von Schwarz-Gelb beschlossenen Laufzeitverlängerung für Atommeiler. Die spüle Zusatzgewinne in Höhe von über 17 Milliarden Euro in die Kasse.

Sonntag, 19. Dezember 2010

Wutbürger

17. Dezember 2010
Der Schrei nach dem Überbehüterstaat

Hoppe, hoppe, Reiter, wenn er fällt, dann schreit bestimmt wieder jemand nach der Kindergartenpflicht. Allerdings wird dieser Schrei gleich wieder erstickt. Wie jetzt in Bad Homburg bei einer Diskussionsveranstaltung der CDU. Kann man aus gesetzlichen Gründen nicht einführen, lautete die Erkenntnis.

Auch Ursula von der Leyen ist als Bundesfamilienministerin für die Kindergartenpflicht eingetreten. Zumindest das letzte Kindergartenjahr sollte Pflicht sein, meinte sie vor vier Jahren. Dann verschwand dieser Vorschlag wieder in der Schublade.

Was haben diese In-Schubladen-Herumkramer nur? Kleine Kinder verbringen doch heute schon mehr Zeit in Arztpraxen als in ihrem Kinderzimmer. Kaum ist die eine Vorsorgeuntersuchung erledigt, steht die nächste bevor. Und als Erwachsener wundert man sich darüber, wie man ohne diesen Überbehüter-Staat die eigene Kindheit überhaupt überleben konnte.

Zum Arzt gebracht worden sind wir doch nur, wenn es uns schlecht ging und der Oma nichts mehr einfiel. Dazu kamen ein paar Impfungen. Das war´s. Doch dann kamen die Kinderpsychologen, die Kinderthearapeuten, die Kinderpsychiater, die Sozialpädagogen, die Sozialarbeiter, die Erzieherinnen, die...

Die nahmen sich die Kleinen gründlich vor. Kaum hatte jemand die eine Kinderkrankheit entdeckt, litt der Nachwuchs schon unter einer zweiten. Sogleich zuckten Eltern zusammen und rannten mit ihren Mädchen und Jungen in die Arme von so genannten Experten, die ihren eigenen Erkenntnissen inzwischen nicht mehr trauten.

Lasst doch endlich die Kinder in Ruhe, lasst sie unbeschwert aufwachsen und verlasst euch darauf, dass die meisten Eltern gar nicht so viel falsch machen können wie dieser Überbehüter-Staat, der 2010 "Wutbürger" als "Wort des Jahres" ins Stammbuch geschrieben bekommen hat. Voriges Jahr war es laut Gesellschaft für die deutsche Sprache die "Abwrackprämie".

Diese Prämie sollten alle bekommen, die endlich die Vorstellung, dass der Staat alles richten könne und müsse, abwracken. Für alle Zeit...

Kommentare

Kriegslügen

19. Dezember 2010
Sir Walter Scott und das Netz der Betrüger

Jeder Krieg wird mit Lügen geführt. So sind im Vietnam-Krieg mehr Vietcong gestorben als dieses Land Einwohner hat. Bei all den Erfolgsmeldungen, die seinerzeit das US-amerikanische Militär verbreitete, hatte jemand das Zusammenzählen der Opfer vergessen. Der Krieg begann mit einer Fälschung und endete mit einem kleinlauten Abzug. Noch heute leiden Kinder unter den Kriegsfolgen.

"Die Frau des Bundespräsidenten, Bettina Wulff, hat den Preis für das Unicef-Foto des Jahres 2010 an den US-Amerikaner Ed Kashi überreicht. Seine Bilderserie über die Spätfolgen des im Vietnamkrieg als Kampfmittel verwendeten Herbizids Agent Orange seien ´ein Appell gegen das Vergessen´", lesen wir jetzt in den Zeitungen.

Und in der "Bild am Sonntag" von heute trägt die Bundeskanzlerin auf einem Foto eine schwarze Splitterschutzweste, sitzt in einem CH-53-Transport-Hubschrauber und besucht als "Frontfrau in Afghanistan" Bundeswehrsoldaten, damit Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg ihr nicht schon wieder die Show stiehlt per Talkshow am Hindukusch. Was kommt da als nächstes? Bundestagssitzungen in der Provinz Baghlan?

Es ist Krieg, hat Angela Merkel bei ihrem Besuch den Soldaten mitgeteilt. Haben die sicherlich noch gar nicht gewusst. Dieser Krieg soll bislang 45 Bundeswehr-Tote gefordert haben. Aber ansonsten werde alles besser. Kinder winken, wenn Deutsche an ihnen vorbeifahren, der Bewegungsspielraum sei größer geworden.

Schon vor drei Jahren habe ich mich mit Alkoholproblemen, Gewalt und Selbstmorden am Hindukusch beschäftigt. "Es wird immer schlimmer", sagte ein Insider. Thema erledigt? Oder vergessen? An offizielle Selbstmord-Zahlen kam ich nicht heran. Die Bundestagsabgeordnete Nicole Maisch teilte mir mit, dass es ihr ähnlich gehe. Das Verteidigungsministerium habe ihr im April 2006 lediglich mitgeteilt, dass “seit 1996 63 Soldaten der Bundeswehr bei Einsätzen im Rahmen einer besonderen Auslandsverwendung” ums Leben gekommen seien, 23 davon durch “Fremdeinwirkung”.

Wie passen diese Angaben zu der heute veröffentlichten Zahl 45 Bundeswehr-Tote in Afghanistan? Glauben wieder einige an eine Statistik, die sie selbst gefälscht haben? Eine Antwort darauf wird man nicht bekommen. Jeder Krieg wird mit Lügen geführt. Wieder gilt der Satz von Sir Walter Scott: "Oh-! was für ein verwirrtes Netz wir spinnen, wenn zuerst wir üben, um zu betrügen!"

Donnerstag, 2. Dezember 2010

Beauftragungsbeauftragter

2. Dezember 2010
Wider den HTTP Status 404

Wann endlich gibt es einen Beauftragten für die Beauftragung von Beauftragten? In der jüngeren Vergangenheit hat eine Frau häufiger Schlagzeilen gemacht, die sich mit dem Titel "Integrationsbeauftragte" der Bundesregierung schmücken darf. Schreibt man an diese Dame, kann man auch gleich Schach spielen und sich so die Zeit sinnvoll vertreiben.

Welche Spiele zu empfehlen wären, wenn man sich an die "Integrationsbeauftragten" der Bundesländer wenden würde, kann von mir aus die Stiftung Warentest ermitteln. Ich nicht. Einmal vergeblich schreiben, ist wie anschließend Schach nur noch ohne Figuren.

Dann gibt es auch noch einen "Menschenrechtsbeauftragten" der Bundesregierung. Der ist in der FDP die Treppe heruntergefallen, unten angekommen päppelte man ihn mit diesem Amt wieder auf. Darüber ist er wohl immer noch so erstaunt, dass er sich beim Internet-Auftritt des Auswärtigen Amtes den HTTP Status 404 zugelegt hat. Auch sonst ist dieser Mann online nicht erreichbar. Seine alte Seite als Bundestagsabgeordneter gibt es nicht mehr, seine neue Seite als "Menschenrechtsbeauftragter" noch (?) nicht.

Wer in nächster Zeit Memory spielt, schult sein Gedächtnis und googelt diesen Mann in ein paar Monaten erneut. Vielleicht ist er dann da.

Wozu sich die Bundesregierung eine "Drogenbeauftragte" leistet, ist auf den ersten Blick auch nicht erkennbar. Das Zeug ist in der Bundesrepublik  Deutschland doch verboten. Wie falsch parken. Aber nirgendwo gibt es einen "Parkplatzbeauftragten". Nur Hostessen.

Die Bundesagentur für Arbeit beschäftigt einen "Antikorruptions-Beauftragten". Nützt aber nichts. Die volkswirtschaftlichen Verluste, die korrupte Leute verursachen, steigen Jahr für Jahr.

Sinnvoll wäre die Beauftragung eines Geldverschwendungsverhinderungsbeauftragten. Der hätte eine Menge zu tun. Sogar ein paar Minister könnten seinen Auftrag schmerzhaft zu spüren bekommen...